Der Bau- und Umweltausschuss (jetzt „Bau-, Umwelt- und Klimaschutzausschuss“, BUKA) hat im Auftrag der Stadtverordnetenversammlung am 8. Mai 2019 einstimmig beschlossen, dass der Magistrat einen Integrierten Verkehrlichen Handlungsrahmen erarbeiten soll. Dieser hat u.a. zum Ziel, ein verkehrliches Leitbild für die Stadt Oberursel zu erstellen.
Der Erarbeitungsprozess für den Handlungsrahmen wurde durch Fördermittel des Bundes ermöglicht, diese stammen aus dem Förderprogramm „Mobilitätswerkstadt 2025“. Über 50 innovative Kommunen waren dabei 2020 in den Wettbewerb getreten zum Thema nachhaltige Mobilitätskonzepte. Im ersten Jahr des Wettbewerbs arbeiteten die Kommunen, wie auch Oberursel, gemeinsam mit ihren Bürgerinnen und Bürgern sowie Forschungseinrichtungen und anderen relevanten Akteuren an ganzheitlichen Mobilitätskonzepten. Die Stadt Oberursel (Taunus) wurde im Anschluss an diese erste Phase als eine von bundesweit 14 Kommunen für die dreijährige, weitere Förderung für Projektphase 2 (2021 bis 2024) ausgewählt. Der Förderbescheid wird in den kommenden Wochen erwartet.
In Oberursel firmiert das Projekt unter dem Titel „pimoo – Plattform für integrierte Mobilität Oberursel“.
Der Magistrat hat in seiner Sitzung am 21. Juni 2021 das Verkehrliche Leitbild beschlossen. Als nächstes befasst sich der BUKA am 30. Juni 2021 mit dem Leitbild. Die endgültige Beschlussfassung findet dann, bei positivem Beschluss im BUKA, in der Stadtverordnetenversammlung am 15. Juli 2021 statt.
Was ist ein verkehrliches Leitbild und wofür brauchen wir das?
Die Themen Verkehr & Mobilität haben in gesellschaftlichen Diskussionen einen hohen Stellenwert. Einerseits sind Verkehre notwendig, um Ziele zu erreichen. Andererseits wird Verkehr zunehmend als störend empfunden und negative Folgen werden kritisch hinterfragt. Zielkonflikte sind offensichtlich. Vorhandene Ressourcen werden nicht immer effizient genutzt, Angebote sind unbekannt oder Ängste bzgl. der Nutzung verschiedener Verkehrsmittel bestehen.
Für die Stadtgesellschaft ist es also hilfreich, gemeinsame Ziele zu vereinbaren, wohin sich das Verkehrssystem in der Stadt Oberursel entwickeln soll, um darauf aufbauend fundiert und informiert über die Umsetzung verschiedener Maßnahmen zu entscheiden.
Das verkehrliche Leitbild, ein Baustein des Integrierten verkehrlichen Handlungsrahmens, soll allen Beteiligten dabei helfen, anstehende Maßnahmen und Entscheidungen daraufhin zu prüfen, ob sie den gesetzten Zielen entsprechen und ob sie helfen, diese zu erreichen. Es wurden daher allgemeine Leitziele formuliert, die in der weiteren Arbeit konkretisiert und operationalisiert werden.
Wie wurden die Leitziele erarbeitet?
Die Erarbeitung der Ziele wurde im Jahr 2020 durch die Abteilung Verkehrsplanung der Stadt Oberursel durchgeführt. Um einen möglichst repräsentativen Querschnitt aus der Bevölkerung zu erreichen, wurden Formate entwickelt, die möglichst verkehrsverhaltenshomogene Gruppen direkt „in ihrem Umfeld“ ansprechen.
Es wurden die in der Tabelle aufgeführten Workshops, Befragungen und Aktionen mit Bürgerinnen und Bürgern in unterschiedlicher Zusammensetzung durchgeführt. Ziel war es zu erfahren, wie sich die Oberurselerinnen und Oberurseler die verkehrliche Entwicklung in ihrer Stadt in den kommenden Jahren vorstellen.
Zielgruppe Format
Zentrale Fragen, die den unterschiedlichen Zielgruppen jeweils gestellt wurden, umfassten die
aktuellen Probleme im Verkehr
Wünsche für die zukünftige Verkehrsentwicklung sowie die
Benennung von Maßnahmen, um diese Ziele zu erreichen. Zudem wurden Diskussionsbeiträge von „Oberursel im Dialog“ ausgewertet, die in die Erarbeitung des verkehrlichen Leitbildes einflossen.
Das verkehrliche Leitbild
Das Papier formuliert neben den Zielen für die Verkehrsentwicklung auch den Rahmen für eine gemeinsame Arbeitsweise (Prozess) und die dafür notwendigen Werkzeuge und Instrumente.
Leitbild
Die Sicherheit aller Menschen in Oberursel und der Erhalt der Lebensgrundlagen sind Richtmarken unseres gemeinsamen Handelns.
Wir wollen den Verkehr in Oberursel so gestalten, dass die Belange aller am Verkehr Teilnehmenden berücksichtigt werden und effiziente und nachhaltige Lösungen gefunden werden. Der Verkehr soll für alle durchgehend, sicher, fair und wenig störend sein. Offen und transparent werden Maßnahmen ausprobiert und erprobt.
Leitziele
Für die künftige Verkehrsentwicklung in Oberursel wurden sieben zentrale Leitziele formuliert, die aus den zahlreichen Befragungen der unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen abgeleitet werden konnten:
Der Verkehrsfluss für alle Verkehrsmittel ist gesichert.
Fuß- und Radverkehr werden sicher auf durchgängigen Wegen geführt.
Der ÖPNV in Oberursel wird attraktiver.
Das Verkehrsaufkommen im motorisierten Individualverkehr (MIV) in Oberursel steigt nicht weiter an.
Die Akzeptanz geltender Regeln bei allen am Verkehr Teilnehmenden ist hoch und die Sicherheit gewährleistet.
Potentiale der Verkehrsmittelvernetzung und Digitalisierung werden konsequent genutzt.
Es macht Spaß, sich in Oberursel aufzuhalten.
Maßnahmen, um die Ziele zu erreichen, ergeben sich u.a. aus vorhandenen Planungen und Konzepten (Bebauungspläne, Satzungen, Radverkehrskonzept, Klimaschutzkonzept, Nahmobilitätscheck etc.) sowie neu einzubringenden Ideen und Vorschlägen. Das sichert ein flexibles Handeln, ohne beliebig zu werden.
Die zu beschließenden Ziele führen nicht zur zwingenden Umsetzung irgendwelcher Maßnahmen. Vielmehr dienen sie als Zielrichtung und sollen bei der späteren Entscheidung über durchzuführende Maßnahmen als Entscheidungshilfe dienen. Jede umzusetzende Maßnahme soll daraufhin geprüft werden, ob und wie gut sie zur Erreichung der beschlossenen Ziele beiträgt.
Wie arbeiten wir jetzt damit?
Gesellschaft, Politik und Verwaltung arbeiten gemeinsam an der Erreichung der Ziele. Das Leitbild dient als Grundlage zur weiteren, gemeinsamen Arbeit.
Arbeitsweisen (Prozessschritte)
Zur Erreichung der Ziele müssen Maßnahmen umgesetzt werden. Die Entscheidung über geeignete Maßnahmen ist nicht immer leicht und erfordert mitunter fachliche und politische Diskussionen.
Die folgenden Organisationspunkte dienen als Prozessschritte für die gemeinsame Arbeit:
Alle Betroffenen und Beteiligten bringen ihre Anforderungen ein.
Die Verwaltung stellt Daten, Fakten, Regelwerke und Fachkonzepte zur Verfügung.
Wir probieren aus und nehmen testweise andere Perspektiven ein.
Die Verwaltung evaluiert und bewertet Versuche.
Wir alle können den Beitrag von Maßnahmen zum Erreichen unserer Leitziele transparent erkennen.
Politische Gremien entscheiden gut informiert über Maßnahmen.
Gemeinsam überprüfen wir Leitziele regelmäßig auf ihre Aktualität und passen sie gegebenenfalls an.
Die Erarbeitung der Prozessschritte wird Arbeit der kommenden Monate sein.
Werkzeuge & Instrumente (Produkte)
Verschiedene Werkzeuge & Instrumente unterstützen alle Beteiligten, gute und fundierte Entscheidungen zu treffen. Dazu werden in den kommenden Monaten durch die Verwaltung verschiedene Produkte erarbeitet und zur Verfügung gestellt.
Folgende Produkte sind vorgesehen:
Öffentliche Wissensplattform mit Verkehrsuntersuchungen, ausgewählten Fachpublikationen, Daten, Konzepten, Berichten etc. (im Aufbau)
Maßnahmendatenblätter (im Aufbau)
Regelmäßige Verkehrserhebungen (Zählungen, Befragungen)
Online und Offline-Diskussionsforen zu Maßnahmen (im Aufbau)
Webseite, um Maßnahmenvorschläge zu bewerten (zu entwickeln)
Verkehrsversuche durchführen
Bauherren informieren: Bauherrenbroschüre (zu entwickeln)
Kostengünstig und einheitlich bauen: Gestaltungsleitfaden (zu entwickeln)
Ansprechpartner: Geschäftsstelle Verkehrsplanung (zu diskutieren)
„Ich freue mich auf die anstehenden fachlichen Diskussionen zu verkehrlichen Fragestellungen. Mit den zahlreichen Werkzeugen und Instrumenten werden die politischen Gremienmitglieder dabei unterstützt, fundierte Entscheidungen zu treffen“, so Projektleiter Dr. Uli Molter.
Ina Steinhauer, Projektbearbeiterin ergänzt: „Mit der Förderung des BMBF können wir die Planungsprozesse unterstützen und den Verkehrlichen Handlungsrahmen mit Leben füllen.“
Fazit
Bürgermeister Hans-Georg Brum: „Dieses Vorgehen erlaubt es der Oberurseler Politik, sich auf eine Zielrichtung zu einigen, ohne sich bereits über Jahre im Voraus auf Maßnahmen festzulegen. So kann flexibel auf sich ändernde Rahmenbedingungen, Technologien, wissenschaftliche Erkenntnisse und Bedürfnisse reagiert werden. Die Werkzeuge und Instrumente stellen eine sachliche und fachliche Fundierung sicher.“
Hans-Georg Brum
Bürgermeister
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